Zu den umfangreichsten und bedeutendsten Konvoluten in der Sammlung Klein gehören rund 20 Arbeiten des irisch-amerikanischen Künstlers Sean Scully. Begegnungen in dessen New Yorker Studio haben Alison und Peter W. Klein auch den Zugang zu den Werken seiner Frau Liliane Tomasko eröffnet. Für die inzwischen freundschaftlich verbundenen Künstler und Sammler stand es außer Frage, die Präsentation des Scully-Blocks mit einer Doppelausstellung zu verbinden und damit einen persönlichen Akzent zum Jubiläum des KUNSTWERK zu setzen.

#17

Alison und Peter W. Klein haben einen europaweit einzigartigen Werkblock von Sean Scully aufgebaut, der dessen künstlerische Entwicklung von 1973 bis heute nachzeichnet. Sean Scully, 1945 in Dublin geboren, gehört weltweit zu den bedeutendsten Künstlern der Gegenwart. Nach Einflüssen von Op-Art und minimalistischer Kunst zeigt sein Werk seit den 1980er Jahren eine unverwechselbare Bildsprache mit in Malschichten verdichteten, orthogonal ausgerichteten Farbfeldern und -bändern. Farbauftrag und Farbklang sind dabei emotional aufgeladen. Abstrakte Malerei wird bei Scully zum bildnerischen Äquivalent menschlichen Erlebens und Empfindens.

Liliane Tomasko, 1967 in Zürich geboren, schöpft ihre künstlerische Arbeit aus dem privaten Umfeld. Kleidungsstücke, Decken oder Bettlaken bilden gegenständliche Referenzen in ihrer Malerei. Das Gegenständliche liefert in ihren neuen Arbeiten nur noch den strukturellen Untergrund für ihre Gemälde, die mit gestischen Zügen bildräumliche Gewebe aus grafischen und malerischen Elementen bilden.

Die Ausstellung im KUNSTWERK zeigt erstmals eine verschränkte Präsentation beider Positionen, die losgelöst von einer chronologischen Anordnung bildnerische Dialoge zwischen ihren Werken entstehen lässt.

#Rundgang

EBENE 1 

Der Auftakt der Ausstellung spürt der subjektiven Signatur im Abstrakten nach. Zwei Gemälde von Sean Scully mit komplexen, dann vereinfachten Gitterstrukturen aus den Jahren 1973 und 1974 reflektieren das Eindringen von Handschriftlichkeit in das Werk des damals 28jährigen Künstlers. Die Veränderung im Farbauftrag, die sich zwischen Diagonal Inset und Overlay #9 zeigt, weist bereits auf eine Abkehr vom kühlen bildnerischen Kalkül. Im Zeitsprung zu Desire or Desired (2007), das in seiner Farbigkeit alle Töne des Begehrens in sich trägt, offenbart sich die emotionale Kraft, die in der Malerei von Sean Scully liegt.

Auf die drei Jahrzehnte umfassenden Werke Sean Scullys antwortet eine Serie von aktuellen Zeichnungen Liliane Tomaskos. Im spontanen Fluss ihres Arbeitens entstehen unterschiedlich verdichtete Liniengefüge, die in ihrem gestischen Charakter unmittelbarster Ausdruck der Künstlerpersönlichkeit sind.

EBENE 2

Die Weiterführung des „Inset“, der Bild-im-Bild-Konzeption von Sean Scully, bildet zunächst eine Klammer zwischen der ersten und zweiten Ebene im KUNSTWERK. In der Kombination seiner Gemälde und Pastelle mit den Werken von Liliane Tomasko, die „dunkle Ecken“ (Fensterbänke) oder übereinandergeschlagene Decken mit Streifenmuster zeigen, werden malerische Qualitäten und die Feinheit farblicher Valeurs in den Arbeiten beider Künstler zum Thema.

Sean Scullys Day Night (1990) ist ein Gemälde von außerordentlich körperlicher Präsenz. Das Mittelteil des Triptychons ragt hervor. In der Materialität des Farbauftrags zeigt sich eine unbändige Kraft, die das offene Gefüge aus schwarzen und grauen Feldern mit dramatischer Energie auflädt. Die dunkle und schwere Farbigkeit, die für die Entstehungszeit typisch ist, steht in Kontrast zu aktuellen Werken von Sean Scully und Liliane Tomasko. Beide haben ihre Arbeit nach einem existenziellen Einschnitt 2013 mit neuen Impulsen fortgesetzt. Bei Scully beginnt in dieser Zeit die Serie Landline mit horizontalen Farbbahnen. Liliane Tomasko findet in ihrem Werk zu einer neuen Bildsprache mit expressivem Gestus, deren Vitalität in einer Serie großformatiger Gemälde zum Ausdruck kommt.

EBENE 3

Zwei Solokabinette stellen unterschiedliche Aspekte in der Arbeit des Künstlerpaares vor. Liliane Tomaskos Gemälde aus dem Jahr 2002 zeigen in einem Rückblick den Ausgangspunkt ihrer künstlerischen Auseinandersetzung. Hingeworfene Kleider bilden den Anlass für eine subtile Übersetzung des Gegenständlichen ins Malerische. Aus dem Motiv von Kleider- oder Stoffstapeln entwickelt sich die Gliederung und Tonigkeit ihrer Zeichnungsserie Floating Stacks (2010). Sean Scullys Gemälde Mooseurach (2016) stehen Fotografien gegenüber, die Grundprinzipien seiner Malerei im anderen künstlerischen Medium verhandeln.